Natural artifizio – artifiziosa natura: Grotten der frühen Neuzeit in Italien
Kunstform / Naturform
Künstliche Grotten stellen einen der Antike entlehnten, um 1500 neu aufgegriffenen Bautypus dar. Von Italien ausgehend, fanden sie in ganz Europa Verbreitung und entwickelten sich rasch zu einem zentralen Bestandteil der Villenkultur. Insbesondere Rom, Florenz und Genua bildeten sich als wichtige künstlerische Zentren für diese Bauaufgabe heraus. Angeregt durch archäologische Funde sowie die Überlieferung antiker Autoren errichtete man Gartenräume, die in der Wandverkleidung natürlichen Grotten angeglichen und darüber hinaus mit Stuck, Malereien, Mosaikdekor, Statuen und Brunnenbecken ausgestattet waren. In einem dialektischen Verhältnis von „naturale artifizio“ und „artifiziosa natura“, von künstlich geschaffener und natürlich entstandener Form, wurde dabei der antike Topos vom Wettstreit zwischen Kunst und Natur aufgegriffen, wie er schon bei Ovid im Zusammenhang mit Grotten auftaucht. Ähnlich wie in Wunderkammern wurde dem Besucher hier die Formenvielfalt der Natur vor Augen geführt und ihm Einblick in die schöpferische Kraft des Erdinnern gewährt. Aufgrund ihrer kostbaren, oft exotischen Dekorationsmaterialien und reichen Statuenausstattung fungierten die Grotten dabei auch als repräsentative Statussymbole, in denen sich Antikenrezeption mit naturwissenschaftlichen Interessen vereinte.