Natural artifizio – artifiziosa natura: Grotten der frühen Neuzeit in Italien
Materialität
Die Wahl der Dekorationsmaterialien spielte für die Gestaltung einer Grotte, bei der ein natürlich entstandener Raum mit künstlerischen Mitteln nachgebildet wurde, eine entscheidende Rolle. Man strebte nach einer Naturimitation, bei der sich die Kunst der von der Natur selbst hervorgebrachten schmuckvollsten Körper, wie Muscheln, Korallen, Kristallen oder bizarren Kalksintern, bediente, um in übersteigerter Form mit neuen Kompositionen die Naturschöpfung der Felsgrotte noch zu übertreffen. Häufig kontrastieren rustikale Wandabschnitte naturalistischer Prägung mit figürlichen und ornamentalen Mosaiken, bei denen man die formalen Eigenschaften etwa von Muscheln zur Nachbildung von Bauornamentik oder von Kristallen zur Wiedergabe eines gläsernen Perseusschildes geschickt ausnutzte. Insbesondere die Genueser Grottenanlagen zeichnen sich durch eine ungewöhnliche Farbigkeit aus, die mit emaillierten Majolikasteinchen und großen Mengen an Korallen – begünstigt durch die Monopolstellung Genuas auf dem Gebiet des Korallenhandels – erzielt wurde. Auch zeitgenössische Beschreibungen betonen immer wieder die Kostbarkeit dieser Räume, die den Genuesen wie kaum eine andere Kunstgattung die Möglichkeit boten, Reichtum und Verbindungen in ferne Länder – belegt durch die Präsenz exotischer Muscheln – anschaulich vorzuführen und sich der natürlichen Schätze aus dem Bereich des Meeres für ihre Selbstdarstellung als Mittelmeermacht zu bedienen.